Grünflächen binden mehr CO2 als jeder Wald

Die Reilinger Grünen und Dr. Andre Baumann MdL hatten zu einer Exkursion zu den Kisselwiesen in Reilingen eingeladen

Auf den ersten Blick konnten die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den gemähten Wiesenflächen der Kisselwiesen in Reilingen nicht viel sehen. „Die Kisselwiesen bieten jedoch wertvolle Lebensräume für eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren“, berichtete Dr. Andre Baumann, Naturschutzexperte und Landtagsabgeordneter der Grünen. Im Rahmen der Bemühungen, wertvolle Naturräume zu schützen und ökologisch aufzuwerten, hatten die Reilinger Grünen und Dr. Andre Baumann zu einer Exkursion in die Kisselwiesen eingeladen. Unter den Teilnehmenden waren auch Stefan Weisbrod, Bürgermeister von Reilingen, sowie einige dort ansässige Landwirte. „Unsere Kisselwiesen sind vergleichsweise ein naturnahes Gebiet, da hier keine intensive Landwirtschaft betrieben wird. Dadurch haben wir hier eine Idylle, die Spaziergänger und Radfahrer gerne nutzen und genießen“, berichtete Anna-Lena Becker, Ortsverbandsvorsitzende der Reilinger Grünen. „Allerdings sehen wir auch, wie sehr der Klimawandel und der direkte menschliche Eingriff das Gebiet bereits verändert haben.“ 

Die Kisselwiesen in Reilingen waren bis zur Begradigung des Kraichbachs und dem Wegfall der traditionellen Wiesenbewässerung im 20. Jahrhundert einst eine weit verzweigte Bachauenlandschaft, bestehend aus Feuchtwiesen und Nieder- sowie Anmooren. Damals wurden durch Wasserwiesensysteme Grünlandflächen aktiv bewässert und auf den Wiesen wurde Weidewirtschaft betrieben. „Sogenannte Wiesenwarte betreuten die Schließensysteme und bestimmten, wo das Wasser aus den Bächen hingeleitet werden soll. Mit der Veränderung der Landwirtschaft wurden diese Systeme irgendwann nicht mehr genutzt, es gibt sie aber noch“, erklärte Baumann. „Früher wurden die Wiesen gezielt geflutet, um die Produktivität zu steigern. In Zeiten des Klimawandels könnte es sinnvoll sein, die alten Bewässerungssysteme zu reaktivieren.“

Früher seien die Schließensysteme auch für das Schmelzen von Schnee genutzt worden. Heutzutage gebe es eher das Problem, dass es in den Sommermonaten wenig regne und oft Bäche und Flüsse trockenfallen. Dafür steige die Anzahl von Starkregenereignisse an. Daher seien sogenannte „Schwammstädte“ in Neubaugebieten wichtig, aber auch auf Feldern könnte man das schwammartige Versickern nutzen, um trockene Monate auf den Wiesen zu vermeiden und gleichzeitig die Kanalisation der Kommunen zu entlasten. „Das Wasser aus dem Kraichbach sollte so lange wie möglich bei uns bleiben“, so Baumann. 

Aus Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern weiß der Abgeordnete, dass viele Menschen den Wunsch haben, ihre Natur und Heimat, sowie die Artenvielfalt zu schützen. „In Baden-Württemberg haben wir die Mittel hierfür wie in keinem anderen Bundesland erhöht, denn wir wollen das Klima auch für die nächste Generation schützen. Und auch Grünlandschutz ist Umweltschutz. Diese Flächen sind nicht nur Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Kaum jemand weiß, dass die CO2-Bindung auf diesen Flächen größer sein kann als in einem Wald“, so Baumann. Dies sei ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. In Vorbereitung auf mögliche Maßnahmen, um wertvolle Naturräume zu schützen und ökologisch aufzuwerten, habe das Land Baden-Württemberg über viele Jahre Eigentum auch im Bereich der Kisselwiesen erworben.

Als Landtagsabgeordneter erhalte Baumann auch viele Nachfragen, ob das Gebiet der Kisselwiesen unter Naturschutz gestellt werden könne. „Damit ein Naturschutzgebiet ausgewiesen werden kann, müssen schutzwürdige Lebensräume bestehen. Bisher gibt es hier zwar wertvolle Lebensräume, aber diese müssten dafür aufgewertet werden. Eine Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet sei ebenfalls möglich und könnte ein guter Kompromiss sein. Der Schutz von Kulturlandschaften wie den Kisselwiesen geht jedoch nur mit den hier ansässigen Landwirten gemeinsam, daher möchte ich auf dieses Thema aufmerksam machen“, erläuterte Baumann. Konkrete Pläne gebe es hierzu noch keine. Ähnlich dem Vorgehen in den Schwetzinger Wiesen könnte eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden, um zu prüfen, inwieweit es möglich sei, die Kisselwiesen zu einem ökologisch intakten Gebiet mit artenreichem Grünland wiederherzustellen – gemeinsam mit den Bewirtschaftern. Eine Möglichkeit könnte laut Baumann im Rahmen des Biotopverbundes mit den umliegenden HoRAN-Gebieten sowie den Landwirten sein, beispielsweise durch Beweidung oder Heublumensaat.

„Unsere Aufgabe ist es, zusammen mit den Gemeinden und Landwirten Wege zu finden, unsere Natur und Umwelt sowie die Biodiversität zu schützen, ohne dabei die wirtschaftliche Grundlage der landwirtschaftlichen Betriebe zu gefährden. Das wünsche ich mir auch für die Reilinger Kisselwiesen“, fasste Baumann zusammen. Ein Dialog wird dabei nötig sein, um langfristige Lösungen zu entwickeln.

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